Freitag, 1. April 2011

Von Elefanten und Strandschaukeln

Es ist schwer, das Gefühl zu beschreiben, allein zu reisen, zumindest  so, wie ich es empfinde. Es ist spät, halb Eins in der Nacht. Ich komme zurück vom Strand, an den ich vor einer Stunde gegangen bin, um zu schauen, ob dort noch etwas los ist, ob noch Menschen unterwegs sind. Der Strand war vollkommen leer, vom einen bis zum anderen Ende keine einzige Seele  zu sehen im Dunkeln. Nur an der Ende der Bucht noch ein paar Lichter. Ich hatte 2 kleine Flaschen Chang Beer dabei, ein Päckchen Zigarretten und meinen MP3-Player. Ich fand es schade, hätte Lust gehabt, mich noch ein wenig zu unterhalten. 

Heute Abend, ein paar Stunden vorher, habe ich eine Gruppe Thais kennengelernt, als ich ein paar Fotos gemacht und mich dann noch für einen Cocktail hingesetzt habe. Die hatten Probleme, ihre Bacardi Breezer zu öffnen und nachdem ich ihnen unaufgefordert meine Skills im Umgang mit deutschen Feuerzeugen demonstriert hatte, wollten sie mich vor lauter Dankbarkeit fast nicht mehr gehen lassen und haben daher versucht, mich mit kostenlosem Chang abzufüllen... Es ist immer wieder beeindruckend, wie kahl der Markt der Freundlichkeiten ist, es genügt ein kleines Lächeln und Du bist offenbar schon im oberen Viertel der Alleinstellungsmerkmale. So ging es mir schon öfter in den paar Tagen meiner Reise, ich strecke den Finger aus und - werde mit Goldringen beschenkt. Die Menschen sind schön. Das ist die freundliche Seite des Alleinreisens, man ist ein williges Objekt für Verbrüderungen, wenn man nicht völlig verkorkst ist.

Vorhin erwartete mich die andere Seite: wenn das Anderssein in einer Situation noch eine höchst willkommene Eigenschaft ist, so ist sie in der nächsten eine Trennscheide zwischen Dir und der Welt. Während sich das Volk um nicht mal 12 Uhr in den Luxus-Betten wälzt, um am nächsten Tag gottweißwelche Dinge zu tun, sitze ich im Dunkeln am einsamen Strand auf einer an einer Palme befestigten Hanfseil-Schaukel, nippe mit einer Hand an meinem Chang, ziehe mit der anderen an meiner Zigarrette, um mich mit den Ellenbogen immer wieder über das brandende Wasser hinaus zu ziehen. Durch meine Ohren ziehen wunderschöne Töne, Les Ambassadeur Vol. 3 (hört mal rein, das gehört dazu!), an meinem Oberkörper mit leisem Wuuuusch die tropisch warme Nachtluft vorbei. Die Palmenschaukel schwingt weit, da die Palme so hoch ist, man holt 6 Meter Schwung und zieht mit gestreckten Beinen 12 Meter bis über das Wasser hinaus. Ich lehne mich mit dem ganzen Oberkörper nach hinten und sehe in Wolkenlöchern Sterne funkeln. 

Auf eimal bin ich gleichzeitig tief traurig und doch mindestens genauso dankbar dafür, dass sich die Menschen in ihre Betten verzogen und mir diesen stillen Moment ermöglicht haben. Denn das ist Poesie, das ist spontane Schönheit, etwas sehr individuelles, das man in dieser Form nur mit wirklich eng vertrauten Menschen teilen kann und das sich von all den konstruierten Urlaubs-Erlebnissen wie "Jungle Tour - Ride on the Elephant" und "Night Squid Catching" so fundamental unterscheidet. Der Versuch, diesen Unterschied zu beschreiben gleicht dem, den Geschmack des Wortes Streifzeit einem Menschen aus einem anderen Kulturkreis nahe zu bringen. Was mir aber jetzt fehlt, das sind diese Menschen, die so denken wie ich. Die Nacht ist meine Zeit, und sie ist zumindest heute menschenleer.

Das Reisen ist für mich seit jeher eine Metapher für das Leben gewesen, und so ist auch dieses Erlebnis ein alter Bekannter. Gute Mine zum bösen Spiel zu machen ist eine meiner Kardinalstugenden geworden, um in der sozialen Welt über die Runden zu kommen. Ich wohne selbst im Luxus-Ressort und reite selbst auf so manchem Elefanten und versuche sogar dabei Spaß zu haben, auch wenn das arme Vieh unter mir vor Schmerzen grunzt, während es von seinem Treiber mit Haken in die Seite gedroschen wird, all das selbstredend zu meiner Unterhaltung. Um das zu schaffen pflanze ich mir daneben meine Inseln der Einsamkeit, schütte scharfe Korallenriffe vor ihnen ins Meer und versenke dadurch so manchen Entdecker. 

Das mag verrückt sein, aber es ist auch ein Schutzmechanismus, um nachts allein auf meiner Palmenschaukel sitzen und der Melodie der Sterne lauschen zu können. Wer mitmachen will: ihr seid alle eingeladen, folgt einfach den Brotkrumen, ich erwarte Euch sehnsüchtig.

1 Kommentar:

Michi H. hat gesagt…

Hallo Daniel,

ouh man bin ich neidisch. Du kannst dir nicht vostellen wie gerne ich - auch mit Bier in der Hand - dir Gesellschaft geleistet hätte.
Bis du wieder nach FR kommst ist hier wahrscheinlich schon Sommer und dann müssen wir das in einem heillos überfüllten Biergarten nachholen. Mach ich aber gerne mit dir.

Grüße vom Ex-Kollegen